Vortragender: Helmut Denk (Institut für Pathologie, Medizinische Universität Graz)
Abstract: Die auch im 21. Jahrhundert noch immer populäre Homöopathie gilt als Beispiel für therapeutische „alternative“ Verfahren, die im Widerspruch zu modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen stehen. Die Homöopathie, von Samuel Hahnemann (1755-1843) begründet, basiert auf medizinischem und naturwissenschaftlichem (Un)Wissen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Die von Hahnemann in seiner Publikation Organon der rationellen Heilkunde dargelegte Überzeugung, dass eine exakte Diagnostik als rationale Basis für die Therapie nicht möglich oder nötig sei,kann in Anbetracht des Werkes von Giovanni Battista Morgagni aus dem Jahre 1761, in der bereits anhand von Obduktionsbefunden krankhafte Organveränderungen identifiziert wurden, als Beispiel für Unwissenheit oder Wissenschaftsfeindlichkeit gelten.
Homöopathie beruht auf dem „Simile“-Prinzip, d.h. als Heilmittel verwendete (Ur-)Substanzen pflanzlichen, tierischen oder anorganischen Ursprungs, die bei gesunden Menschen Krankheitserscheinungen hervorrufen, welche den Symptomen der zu behandelnden Erkrankungen ähnlich sind, werden in extremer Verdünnung und weiteren Maßnahmen („Potenzierung“) zur Therapie eingesetzt. Nach Hahnemann kommen dabei „geistartige“ Kräfte der Substanz und/oder des Lösungsmittels zur Wirkung. Schon im frühen 19. Jahrhundert wurden Hahnemanns Ansichten von Zeitgenossen kritisiert, und sie lehnten die Homöopathie und andere auf Spekulation und Esoterik beruhende medizinische Methoden als unwissenschaftlich ab. Erstaunlicherweise findet die Homöopathie trotz der Unvereinbarkeit des postulierten Wirkungsprinzips mit modernen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und der in korrekt durchgeführten, kontrollierten klinischen Studien fehlenden spezifischen Wirkung auch heute noch Anhänger unter Ärzten und Patienten und erweist sich als lukratives Geschäftsmodell. Diese Behandlungsmethoden stehen im Gegensatz zu den Prinzipien moderner wissenschaftsorientierter Medizin, nach denen eine Behandlung einen nachweisbaren Nutzen für die Patienten im Sinne einer Heilung, einer Verlängerung der Lebenszeit oder einer Verbesserung der Lebensqualität bewirken soll.
Somit existiert keine vernünftige Alternative zu wissenschaftsbasierter Medizin mit Integration neuer Methoden unter Berücksichtigung psychologischer, soziologischer und ökonomischer Aspekte. Das European Academies Science Advisory Council (EASAC) hat sich mit dieser Problematik befasst und entsprechende Empfehlungen abgegeben. Unter anderem ist eine Kostenübernahme im Rahmen des öffentlichen Gesundheitswesens generell nur bei Nachweis der Effizienz und Sicherheit auf Grund positiver Ergebnisse strenger Testverfahren zu rechtfertigen; sie fehlen bei Homöopathie.
Der Eintritt ist frei!
Der Kellersaal ist leider nicht barrierefrei zugänglich.
AERA
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